IT-Projekte am Beispiel Avaloq

Eine pragmatische und machbare Checkliste

Von 2006 bis 2008 arbeitete Tomato in drei Projekten zur Einführung der Kernbankensoftware Avaloq. Unsere Erfahrungen daraus sowie aus 100 weiteren Projekten ermöglichen uns die folgenden Tipps für Unternehmungen, die solche und ähnliche Projekte starten.

Projektvorbereitung

Die Vorbereitung der Mitarbeiter auf das Projekt lohnt sich! Damit ein Jahr vor dem Projekt zu beginnen ist nicht zu früh. Der Grund dafür ist, dass Mitarbeiter im Allgemeinen etwas beratungsresistent sind und nicht die kontinuierliche Projektmitarbeit wünschen. Das bedeutet, dass ein Umfeld von Motivation geschaffen werden sollte, um so innere und äussere Widerstände bereits auf den Projektbeginn hin abbauen zu können. Dadurch wird im Projekt Kapazität geschaffen.

Die zu vermittelnden Punkte sind u.a.:

  • Die Bedeutung eines IT-Projekts in der heutigen Zeit
  • Basis Know-how aus der IT und wie massive Kostenreduktionen erwartet werden dürfen
  • Weg von der Datenverwaltung zur Prozessverwaltung
  • Kosten werden nur gesenkt, wenn Strukturen vereinfacht werden
  • Reduktion von doppelter und dreifacher Datenerfassung durch die bisherige Datenverwaltung
  • Diese Reduktion umfasst nur ineffiziente Tätigkeiten, die auf lange Sicht zur Mitarbeiter-Arbeitplatz-Motivation so oder so eingestellt werden sollten
  • Damit verbunden sind Standardisierung von Begriffen und Abläufen sowie die Strukturierung von Daten und Output auf den kleinsten gemeinsamen Nenner
  • Reduktion von manuellen Schnittstellen; hier ergibt sich auch eine zwangsweise Reduktion von unbeliebten, repetitiven Tätigkeiten, die auf lange Sicht Mitarbeitern keine Arbeitsfreude und Motivation bringen
  • Schlankheit der IT und massive Kostenreduktion durch Reduktion der historisch als Flickenteppich gewachsenen Anwendungen

Zwischenbemerkung: Sollte keine grosse Reduktion von Betriebskosten möglich sein, ist von einem solchen Projekt ohnehin abzuraten.

Die Kundenberater sind Schlüsselmitarbeiter und müssen unbedingt aktiv einbezogen werden. In allen Projekten von Telekom bis Bank und Versicherungen ist die aktive Mitarbeit der Kundenberater – ausserhalb der Banken eher Account Manager genannt – zu sichern. Diese Leute sind der Schlüssel zum Erfolg von einfachen Prozessen. Wenn der Kunde besondere Wünsche äussert, sind die Kundenberater dem Wohle des Kunden und der raschen IT-Verwirklichung neuer Bankprodukte positiv gesinnt, aber sie beachten oder kennen die bankinterne Kostenstruktur nicht. Meistens sind Kundenberater gegenüber der internen IT ein wenig reserviert und müssen deshalb motiviert werden, dass auch eine gesunde und schlanke IT dem Bonus des Verkaufes von Produkten dienlich sein kann.

Kundenberater haben die Möglichkeit:

  •  Während der Projektvorbereitung ausgewählte und gegenüber dem Unternehmen positiv eingestellte Kunden zu informieren und spezielle, evtl. teure Kundenadaptionen zu annullieren und mit zeitgemässen IT-Lösungen möglichst nahe einem Standard zu ersetzen. Eines von zahlreichen Beispielen: Wenn 5.000 Kunden den Vermögensauszug 1 bis 2 Mal jährlich erhalten und 80 Kunden der Vermögensauszug alle 7 Wochen versandt wird, ist mit den 80 Kunden eine Lösung zu finden, die der neuen IT-Software entspricht und bei der keine Adaptionen zu programmieren sind. Noch besser wird es sein, allen 5.000 Kunden den Zugriff auf das E-Banking zu erklären und diese zu motivieren sich elektronische Vermögensauszüge zu bestellen.
  • ,Unnötige Produkte’ einzustellen
  • Kundenwünsche kennen zu lernen und diese optimiert in die neue IT Landschaft einzubringen

Dies wiederum bedingt:

  • Extrovertierte IT-Menschen, die mit dem beratungsscheuen Kundenberater zusammenarbeiten und ihm die spätere Entlastung von Arbeiten am PC erklärt
  • Den Kundenberatern das Ziel und die Zeit geben, die Kundenwünsche zu erforschen und im Hinblick auf Profit und Kostenwahrheit der Bank zu prüfen

 

Während des Projektes

Folgende zentrale Punkte helfen, das Projekt unter Kontrolle zu halten:

  • Eine kurze Projektzeit ist anzustreben
  • Gegen aussen ist die strikte Kostenkontrolle einzuhalten; dennoch hat der Projektausschuss die Möglichkeit, langfristig wirkungsvoll einzugreifen und hier bedeutende langfristige Lenkungen vorzunehmen
  • Daraus kann man immer noch ad-hoc das Budget anpassen und auf eingeplante Reserven zurückgreifen; es lohnt sich kaum, das Budget strikt einzuhalten, wenn 1 bis 2 Jahre nach dem Projekt dieselben Ideen wieder aufkommen, und diese dann doch noch meistens teuer angepasst werden
  • Der Überlastung von Key- Mitarbeitern entgegenwirken; diesen Personen sind wirkungsvolle Assistenten zur Verfügung zu stellen, da sonst deren Demotivation eintreten könnte und sie sich neue Motivationen bei der Konkurrenz suchen
  • Statusreports und Berichte sind auf ein Minimum zu beschränken, sollen aber dennoch aussagekräftig sein; dies hilft bei der effizienten Führung des Projekts

Nach dem Projektende

Nach Projektende sollte der Fokus auf folgenden Punkten liegen:

  • Stabilisierung des neuen Betriebssystems
  • Unbedingt alte Gewohnheiten und die alten Manuale mit den neuen Workflows ersetzen
  • Die neuen Workflows sind zu überprüfen, und zwar am Arbeitsplatz der Mitarbeiter und nicht in der Theorie in den Schulungsräumen
  • Das Projektbriefing vor dem Projektstart ist in geeigneter Form zu wiederholen
  • Dann gilt es das neue System zu optimieren sowie mit anderen Avaloq-Banken, die im selben Bereich tätig sind, ein Lobbying aufzubauen und die Optimierung/Strukturierung der Prozesse voranzutreiben
  • Zu vermeiden sind in einer ersten Phase die Neuprogrammierung und der Einkauf von Software, um mögliche Avaloq-Gaps zu überbrücken. In der ersten Zeit nach der Avaloq-Inbetriebnahme, ist die Neigung vorhanden: „Das kann Avaloq nicht, also programmieren wir es.“ Ein noch unbekannter Workflow von Avaloq kann jedoch dafür die bessere Lösung sein.
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